(Eine) stille Hoffnung
Beim Konzert der Fehlfarben im Juni in Bonn war ich sicher nicht der einzige, der von einer der Vorgruppen - „Stille Hoffnung“ eben - weit mehr beeindruckt war als von der eigentlichen Attraktion des Abends. (Siehe SPEX 6/81).
Stille Hoffnung das sind Elmar Botschen - Gitarre, Hintergrundgesang; Brecht Brozio - Gesang; Jean-Louis Libioulle - Schlagzeug; Jean-Yves Pirlot - Bass. Alle 18 oder 19 Jahre alt haben sie Ende 1979 angefangen „nur so zum Spaß“. Im vergangenen Jahr folgten dann einige Auftritte - meist in Schulen - unter dem Namen „Zlof“. Weil dieser Name (nach dem Oetker-Entführer) immer wieder zu Mißverständnissen führte, änderte man ihn in „Stille Hoffnung“, „weil man das in 1000 Richtungen verstehen kann“. Besagter Auftritt in Bonn war dann der erste unter neuem Etikett und eine Woche später wäre der zweite im Vorprogramm zu Echo & the Bunnymen gefolgt, hätte eine plötzliche Krankheit Gitarrist Elmar nicht außer Gefecht gesetzt.
Aber mit Widrigkeiten aller Art fertig zu werden, ist für die Gruppe nichts besonderes; Schlagzeuger Jean-Louis und Bassist Jean-Yves sind Belgier, deren Väter als Soldaten in Köln stationiert sind, und gehen bzw. gingen in Belgien zur Schule. Proben waren deshalb grundsätzlich nur an Wochenenden möglich - und auch nur dann, wenn sich mal ein Probenraum fand. „Manchmal üben wir deshalb nur alle 4 Wochen.“
Die musikalischen Ideen produziert Elmar, wobei die Anregungen der anderen einfließen (sollen). Wegen der allzu geringen Zeit, die ihnen für gemeinsames Proben zur Verfügung steht, kommen die Ideen der restlichen Gruppenmitglieder meist zu kurz.
Texter der Gruppe ist überwiegend Brecht (sein wahrhaftiger Vorname):. „Ich hab schon immer viel geschrieben. Meistens sind das einfache Beobachtungen. Z. B. ‚Probleme, die die Welt bewegen (… aber mich bewegen sie nicht)‘ ist entstanden, nachdem ich ein Gespräch von zwei Mädchen mitgekriegt habe, die sich über total belanglose Sachen unterhielten, als wär‘s das Wichtigste von der Welt. Oder die Idee zu ‚Keine Integration‘ ist mir im letzten Wahlkampf gekommen, als die NPD gegen die Ausländer hetzte.“
In der Ablehnung von Neo-Nazis und verwandten Geistern ist sich die Gruppe einig.
Elmar: „Die ganzen neuen nationalen Tendenzen sind für mich ein erster Ansatz mich zu wehren.“
Jean-Yves; „Da bin ich total dagegen gegen rechte Vögel … was die machen, das kann man nicht einfach an sich vorbeirauschen lassen. Jean-Louis und ich waren zuerst Punks, dann haben wir aber gesehen, daß das so nichts bringt …“
Daß man mit Musik allein wenig ausrichtet, daß man sich vielleicht politischer engagieren müßte, haben sie sich überlegt. Aber noch meinen sie, sich erst ausreichend informieren zu müssen. Und die Organisation, Partei etc., bei der sie mitmachen wollten, sehen sie auch nicht. So versuchen sie wenigstens mit der Musik einen Standpunkt zu beziehen.
Ihre „Unsicherheit“/,,Uniformiertheit“ bewahrt sie jedenfalls davor, als Musik-gewordene Plakatwände aufzutreten. Sie sind noch offen, und Offenheit wünschen sie sich auch bei ihrem Publikum.
Jean-Yves: „Ich glaube, bald sind mir die sogenannten „Körnerfresser‘ lieber, die hören wenigstens zu, als die ‚richtigen‘ Punks … die fordern zwar immer Toleranz, aber wohl nur von den anderen für sich selbst.“
Die musikalischen Vorlieben der 4 sind ebenso vielfältig wie unterschiedlich: Reggae, Gang of Four, Jam, D.A.F. - Elmar gesteht sogar die Liebe zum Swing.
Wie ließe sich denn ihr ,,Stil“ auf eine Formel bringen? Brecht: „Kein besonderer Stil. Neue deutsche Musik … sowas. Vielleicht ein bißchen wie Fehlfarben.“
In der Bewunderung der Düsseldorfer sind sich die 4 einig. Die Offenheit mit der diese verschiedenen Einflüsse zu einem deutlich eigenen Stil verarbeiten, imponiert ihnen. Jean-Yves: „Ich finde das eine Sauerei, wie die jetzt kaputtgemacht werden. Ob das in Bonn war oder in Düsseldorf (17. Juni) … die Brutalität, mit der manche versuchen, sie erst gar nicht mitspielen zu lassen, ihnen gar keine Chance zu geben, das kann ich nicht verstehen.
Mächtig gefreut haben sie sich natürlich, als ausgerechnet die Fehlfarben ihnen nach ihrem Bonner Auftritt Anerkennung zollten, sogar von möglichen späteren gemeinsamen Auftritten war die Rede!
Was sonstige Zukunftspläne angeht, ist die Gruppe sehr vorsichtig. Natürlich hoffen sie mal intensiver Musik zu betreiben, heute wären sie schon froh eine Platte aufnehmen und vertreiben zu können. Oder wenigstens anständige Proberäume und mehr Auftrittsmöglichkeiten zu bekommen. Denn so erstaunt Brecht war, als er eine Cassette von vor einem Jahr hörte, über die Fortschritte, die die Gruppe bis jetzt gemacht hat, vom „eindeutigen-Stille-Hoffnung-Sound“ fühlen sie sich noch um einiges entfernt.
Gerald Hündgen
Spex 7/81
Beim Konzert der Fehlfarben im Juni in Bonn war ich sicher nicht der einzige, der von einer der Vorgruppen - „Stille Hoffnung“ eben - weit mehr beeindruckt war als von der eigentlichen Attraktion des Abends. (Siehe SPEX 6/81).
Stille Hoffnung das sind Elmar Botschen - Gitarre, Hintergrundgesang; Brecht Brozio - Gesang; Jean-Louis Libioulle - Schlagzeug; Jean-Yves Pirlot - Bass. Alle 18 oder 19 Jahre alt haben sie Ende 1979 angefangen „nur so zum Spaß“. Im vergangenen Jahr folgten dann einige Auftritte - meist in Schulen - unter dem Namen „Zlof“. Weil dieser Name (nach dem Oetker-Entführer) immer wieder zu Mißverständnissen führte, änderte man ihn in „Stille Hoffnung“, „weil man das in 1000 Richtungen verstehen kann“. Besagter Auftritt in Bonn war dann der erste unter neuem Etikett und eine Woche später wäre der zweite im Vorprogramm zu Echo & the Bunnymen gefolgt, hätte eine plötzliche Krankheit Gitarrist Elmar nicht außer Gefecht gesetzt.
Aber mit Widrigkeiten aller Art fertig zu werden, ist für die Gruppe nichts besonderes; Schlagzeuger Jean-Louis und Bassist Jean-Yves sind Belgier, deren Väter als Soldaten in Köln stationiert sind, und gehen bzw. gingen in Belgien zur Schule. Proben waren deshalb grundsätzlich nur an Wochenenden möglich - und auch nur dann, wenn sich mal ein Probenraum fand. „Manchmal üben wir deshalb nur alle 4 Wochen.“
Die musikalischen Ideen produziert Elmar, wobei die Anregungen der anderen einfließen (sollen). Wegen der allzu geringen Zeit, die ihnen für gemeinsames Proben zur Verfügung steht, kommen die Ideen der restlichen Gruppenmitglieder meist zu kurz.
Texter der Gruppe ist überwiegend Brecht (sein wahrhaftiger Vorname):. „Ich hab schon immer viel geschrieben. Meistens sind das einfache Beobachtungen. Z. B. ‚Probleme, die die Welt bewegen (… aber mich bewegen sie nicht)‘ ist entstanden, nachdem ich ein Gespräch von zwei Mädchen mitgekriegt habe, die sich über total belanglose Sachen unterhielten, als wär‘s das Wichtigste von der Welt. Oder die Idee zu ‚Keine Integration‘ ist mir im letzten Wahlkampf gekommen, als die NPD gegen die Ausländer hetzte.“
In der Ablehnung von Neo-Nazis und verwandten Geistern ist sich die Gruppe einig.
Elmar: „Die ganzen neuen nationalen Tendenzen sind für mich ein erster Ansatz mich zu wehren.“
Jean-Yves; „Da bin ich total dagegen gegen rechte Vögel … was die machen, das kann man nicht einfach an sich vorbeirauschen lassen. Jean-Louis und ich waren zuerst Punks, dann haben wir aber gesehen, daß das so nichts bringt …“
Daß man mit Musik allein wenig ausrichtet, daß man sich vielleicht politischer engagieren müßte, haben sie sich überlegt. Aber noch meinen sie, sich erst ausreichend informieren zu müssen. Und die Organisation, Partei etc., bei der sie mitmachen wollten, sehen sie auch nicht. So versuchen sie wenigstens mit der Musik einen Standpunkt zu beziehen.
Ihre „Unsicherheit“/,,Uniformiertheit“ bewahrt sie jedenfalls davor, als Musik-gewordene Plakatwände aufzutreten. Sie sind noch offen, und Offenheit wünschen sie sich auch bei ihrem Publikum.
Jean-Yves: „Ich glaube, bald sind mir die sogenannten „Körnerfresser‘ lieber, die hören wenigstens zu, als die ‚richtigen‘ Punks … die fordern zwar immer Toleranz, aber wohl nur von den anderen für sich selbst.“
Die musikalischen Vorlieben der 4 sind ebenso vielfältig wie unterschiedlich: Reggae, Gang of Four, Jam, D.A.F. - Elmar gesteht sogar die Liebe zum Swing.
Wie ließe sich denn ihr ,,Stil“ auf eine Formel bringen? Brecht: „Kein besonderer Stil. Neue deutsche Musik … sowas. Vielleicht ein bißchen wie Fehlfarben.“
In der Bewunderung der Düsseldorfer sind sich die 4 einig. Die Offenheit mit der diese verschiedenen Einflüsse zu einem deutlich eigenen Stil verarbeiten, imponiert ihnen. Jean-Yves: „Ich finde das eine Sauerei, wie die jetzt kaputtgemacht werden. Ob das in Bonn war oder in Düsseldorf (17. Juni) … die Brutalität, mit der manche versuchen, sie erst gar nicht mitspielen zu lassen, ihnen gar keine Chance zu geben, das kann ich nicht verstehen.
Mächtig gefreut haben sie sich natürlich, als ausgerechnet die Fehlfarben ihnen nach ihrem Bonner Auftritt Anerkennung zollten, sogar von möglichen späteren gemeinsamen Auftritten war die Rede!
Was sonstige Zukunftspläne angeht, ist die Gruppe sehr vorsichtig. Natürlich hoffen sie mal intensiver Musik zu betreiben, heute wären sie schon froh eine Platte aufnehmen und vertreiben zu können. Oder wenigstens anständige Proberäume und mehr Auftrittsmöglichkeiten zu bekommen. Denn so erstaunt Brecht war, als er eine Cassette von vor einem Jahr hörte, über die Fortschritte, die die Gruppe bis jetzt gemacht hat, vom „eindeutigen-Stille-Hoffnung-Sound“ fühlen sie sich noch um einiges entfernt.
Gerald Hündgen
Spex 7/81